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Der Lack ist ab (2022)

by maria schüritz

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1.
Zuerst sah ich nur das rosa Glitzern zwischen den schwarzen Mänteln Während du von deinen Großkotzplänen sprachst Ich suchte in den Glühweintrauben und tarnfarbenen Sprenkeln Nach einem Anker, zart, leise und wach Fuseliges Gemurmel durchbohrt von Jahrmarkskatzenjammer Und du bist in deinem unverstandnen Loop Ein paar Kinder geigen nebenan ein zerbrochenes „Für Elise“ Jeder gäb was für ihren naiven Mut Der schöne Lack ist ab Zerfallen zu Sternenkörnchen Aufgesaugt in einem Glitzertuch Ich lass dich stehn, quetsch mich durch die grau-braun-blaue Masse Such den Lichterzauber ohne Hast Lass mich fangen von Herrnhuter Sternen aus Plastik Und dem energieeffizienten Lichterkettenmarkt Eine kleine Lichtung in der Menge und ein alter Mann Dunkel, grau, vom Leben berührtes Gesicht Sein Sopraninosax zieht nur manche in den Bann Bläst sanft, bläst leise melancholische Musik Die Fäden hängen schlaff herab, das Tuch markiert seinen Platz Sanft legt er das Instrumentchen weg Greift das Holzkreuz, sortiert seine Finger und flüstert einen Satz Die Puppe steht auf und tanzt auf einem Fleck Mit Anzugjacke, blauen Jeans und hellem, lockerem Seidenhemd und Funkelglitzersocken in den Schuhn Mit aufgerissnen Augen, großer Nase und zausigem Haar Tanzt die Miniatur des großen Serge Gainsbourg Ganz ohne Stock und Zylinder ihre Miniatur-Revue Die Puppe ganz aus dem Sternenstaub, der von jedem Karussell, jedem Tannenbaum, jeder einzelnen Bude fällt und sich hier sammelt, wo all die stehen, die klein, zart, neugierig und dünnhäutig sind Denen dieser Trubel und die aufgesetzte Freude ein unwirklicher Graus sind Der schöne Lack ist ab Zerfallen zu Sternenkörnchen Aufgesaugt in einem Glitzertuch
2.
3.
Sie steht allein in belebten Straßen in ner lauen Sommernacht Lauscht ner Akustikband von irgendwo ganz weit her Sieht Gelächter in Kneipen durch beklebtes Fensterglas Atmet die Nachtluft, trinkt ihre Limonade leer Sie sehnt sich nach mehr Ist Leben wirklich so leer? Vielleicht kommt hinterm Horizont nochn Berg Ist da nicht noch mehr? Wieder zu Haus aufm Sofa; im Streaming läuft nur alter Kram Sie schaltet das Radio ein: voller Katastrophen-News Setzt sich dann doch nochmal hin, lässt den Laptop hochfahrn Notiert ihre Punkte fürs nächste Job-Interview Vielleicht Freunde treffen im Nirgendwo Vielleicht mal Aufforsten im Wald Vielleicht n selbstgebautes Hippiehaus Vielleicht Geschichtenerzählen am Gleis Oder helfen, wo Menschen ankommen wollen Oder aufbauen, was der Krieg zerstört Oder diskutieren, wo was nicht stimmt Oder Kranke therapieren Sie packt die Fahrradtaschen, mit dem was sie wirklich braucht Überlässt den Schrebergarten der, die so gerne darin bleibt Trinkt n Tee mit dem Freund, der immer noch zu viel raucht Sagt „Ich will mal sehn, wohin das Reisen mich treibt“
4.
Weites Land 04:04
Im weiten Land Blick ohne Ende Ist Zeit gleich Ob ich mich dreh oder wende Ob ich ein Steinchen seh Mit Zweigen mich wiege Am Wiesenmeer Singe und fliege mit kleinstem Getier Ob zwischen Gräsern verweil Mit Wolken abhebe ihre Farben aufsaug Mit jedem Flügelschlag bebe Ob ich durchs Kühle gleit Im Spiegel versinke Seinen Linien folg Mit dem Lufthauch verschwimme Es bleibt, bleibt in mir Ein Stück von mir bleibt hier
5.
Knotenpunkt/Nachzügler Kreuzung/Anschluss verpasst Siehst du die Welle/Hast du noch Feuer Spürst du noch was/mannshoch unsichtbar Wo fliegt ihr hin Nehmt mich mit - S.O.S. Lieferdienst ist Luxus pur Sie geben uns nur Mindestlohn als Maximum Sie, die nur unser Bestes wollen Während ich nie genüge Ich schlüpf aus dem Kokon Fang ganz von vorne an Was soll passieren Solang ich noch atmen kann Ich flieg davon Mannshoch unsichtbar - So oder so
6.
Mai 2014: Ich fahre nach Granada, einen Ort, den ich ein halbes Leben zuvor schon einmal besucht habe. Ich schlendere über Plätze, atme das mediterrane Leben, und zwischen Wasserspielen, Zypressen und dem Ausblick über die Stadt treibt mir die Schönheit der Alhambra Tränen in die Augen. Vorbei an weißgetünchten Orten, durch Olivenhaine auf roter Erde, geht es nach Córdoba. Dort saugt mich das Gewirr von Gassen auf, bis mir die Magie einer gigantischen Säulenhalle die Stabilität aus den Knien nimmt. Vor fünf Jahrhunderten wurde eine Kathedrale mitten in die drittgrößte Moschee Europas gesetzt. Andalusien versetzt mich zurück nach Marokko: In das Basargewirr Marrakeschs mit den lilagetauchten Armen der Färber, Blutspritzern gerade geköpfter Hühner und einem Messingtablett voller Zähne mitten auf dem Marktplatz. An den Rand der tunesischen Sahara mit dieser tiefen Stille und Berbern, die ihre traditionellen Teppiche an Touristengruppen verkaufen; nach Ephesos in der Türkei, wo nur noch Sandsteine von der wechselvollen Geschichte ihrer Stadt erzählen. Es zieht mich immer wieder zu den Palastgärten und Sandsteinburgen, zu den Tempeln, Weltwundern, Basaren und Museen im Mittelmeerraum, die mich so an die Sommerurlaube meiner Kindheit erinnern. Dort war auch dieser Gesang, der die Städte einhüllte, wie bei uns die Kirchenglocken. Ich fand ihn schön, magisch, friedlich – denn die Hektik verflog, wenn es vom Turm aus sang. Wir begegneten Menschen – so unglaublich verschiedenen Menschen: Gastfreundlichen und Geldmachern; Kunsthandwerkern und Touristenramschverkäufern, Gläubigen, Halbgläubigen, Ungläubigen, Verzweifelten, Zufriedenen, Ehrlichen, Unehrlichen, Großherzigen und Engstirnigen. Ich denke oft an die kulturelle Vielfalt, die ich dort erlebt habe, an Mixturen verschiedenster Traditionen, an jahrhundertealte Völkervermischungen, an den reichen vielschichtigen mediterranen Kulturkreis, der so fern und doch so nah ist. Ich denke an Orte wie: Agadir, Alanya, Almería, Antalya, Bari, Belek, Bodrum, Córdoba, El Djem, Ephesos, Essaouira, Gozo, Granada, Heraklion, Il-Birgu, Iz-Xewkija, Kairouan, Kos, Lecce, Málaga, Marmaris, Marrakesch, Myra, Otranto, Pamukkale, Pergamon, Rhodos, Side, Sidi Bouzid, Sousse, Troja, Tunis, Valletta Spätsommer 2015 Ich stehe vor einem Denkmal für ein gesunkenes Flüchtlingsboot in Otranto. Sonst ist hier in Süditalien nichts zu spüren von denen, die seit Jahrzehnten nachts heimlich anlegen – auf der Suche nach einem sicheren Leben. Es heißt, sie werden direkt nach ihrer Ankunft aus Albanien in Lagern abgeschottet. Mehr erzählt man mir nicht. Hochsommer 2018 Ein gigantisches Kreuzfahrtschiff verdeckt die halbe Altstadt Vallettas. Daneben, winzig, im abgeschlossenen Bereich des Hafens, liegt die Mission Lifeline, Seenotrettung aus Dresden. Ein paar Crewmitglieder winken mir freundlich zu. Etwas klickt in meinem Kopf. Als ich um die Ecke biege und ein kleiner Junge mit einem brüllenden Spielzeuggewehr durch die Straße springt, wird mir übel. Sonst lässt auch auf Malta nichts erahnen, dass direkt vor der Küste Menschen ertrinken. Herbst 2020 Zuhause in Leipzig sehe ich einen Bericht über den Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria. Bilder von elenden Zuständen, von obdachlosen Familien im Schlamm, von Hilflosen, auf die mit Tränengas geschossen wird. Ein junger Mann erzählt von seiner Flucht aus Syrien. Ein Handyvideo zeigt ein überfülltes Flüchtlingsboot, das von der Küstenwache ohne Motor zurück aufs offene Meer gestoßen wird. Ich weine. Und spende. Und weine. Und spende. An Ärzte, an Seenotrettung, an Hilfsprojekte. Und weiß nicht, womit ich sinnvoll helfen kann. Vielleicht damit, es immer wieder zu benennen? Oder hat am Ende doch der recht, der sagt, Lieder könnten nichts bewirken?
7.
Regentropfen 02:42
8.
Perlentanz 03:46
Perlen baumeln vorm Gesicht Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich, um sichtbar zu sein Will sie greifen, erreich sie nicht Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich um, spürbar zu sein Sie tanzen und glänzen und streuen das Licht Doch ich seh nur Dunkel und Schatten statt Funkel Sie betäuben und blenden als irres Gedicht Mit Fetzen von Sätzen und Stimmen in Netzen Ich schließ die Augen und schaue ins Nichts Murmeln und Kugeln und Perlen trubeln wildwirr umher Lausche dem Atem und frage die Sicht Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich, um sichtbar zu sein? Ich lauf durchs Labyrinth und sammel das Licht Je mehr ich such, desto mehr Dickicht Zerr an den Dornen, bis ein Rinnsal mir schreibt Verweile und lausche den Klängen der Zeit Lass sie einfach rollen nach ihrem Gewicht Gerad und krumm und rund und bunt in Muster der Wirklichkeit Mit ruhigem Blick seh ich auch dich So viel, so nah, so gut, so schön, so reich, wenns sichtbar kann sein So viel, so nah, so gut, so schön, so reich, wenns sichtbar kann sein
9.
Die Nacht streckt ihre Hände aus Deckt alles ringsum zu. Ich bin allein in meinem Haus Und finde keine Ruh'. Die Sehnsucht hält mich wach, So gern hätt' ich dich hier. Ich zähle schon die Stunden, ach Bin ich nicht bald bei dir. Vielleicht denkst auch du an mich An Stunden voller Glück. Das ich endlich zu dir komm' Zu dir zurück. Langsam geht die Nacht vorbei, Ein neuer Tag beginnt. Ein Tag mit viel Sonnenschein Der mich dir wiederbringt.
10.
Gestern fings ganz leise an zu summen, während ich so las Und trug mich heut durchn wehmütig-beseelten Tag Tauch nochmal ein – andre Welt; Menschen und Orte: Adieu Schwimm noch einmal durchs Zwischendurch-Parallelzuhause Wohin ich auch geh, wo ich steh, wen ich seh Treibe in Gedanken durch seitenweise Lautmelodien Letztes Kapitel: Tauch wieder auf, Zeit zu gehen – adieu. Adieu.

about

In intelligent-verträumten Liedern, theatralischen Chansons und groovenden SoulRock-Songs reist Maria Schüritz unter die Oberflächen. Ihr neuer Sound ist dabei luftiger und pulsierender als bisher; erinnert an Keimzeit, Rio Reiser oder Selig. Die Texte auf ihrem aktuellen Album "Der Lack ist ab" sind ebenso gesellschaftsrelevant, wie die des Vorgängeralbums „Ich, dein Wahnsinn“, das im 3. Quartal 2019 für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde und diverse Platzierungen in der Liederbestenliste – die Top 20 der deutschsprachigen Liedermacher – erreichte. Im November 2022 gewann sie den 1. Jurypreis des Liederwettbewerbs Hoyschrecke.

credits

released December 9, 2022

Maria Schüritz: Gesang, Gitarre
Martin Wille: Keyboard, Orgel
Johannes Bachmann: Bass
Per Winker: Schlagzeug, Percussion
Ingeborg Freytag: Geige, Rahmentrommel
Ali Krause: Recording & Mixing, Co-Arrangement, Keyboard, Orgel, Pedal Steel Guitar, Percussion/Soundeffekte
Mastering: HP Mastering

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