Get all 6 maria schüritz releases available on Bandcamp and save 15%.
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1. |
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Zuerst sah ich nur das rosa Glitzern zwischen den schwarzen Mänteln
Während du von deinen Großkotzplänen sprachst
Ich suchte in den Glühweintrauben und tarnfarbenen Sprenkeln
Nach einem Anker, zart, leise und wach
Fuseliges Gemurmel durchbohrt von Jahrmarkskatzenjammer
Und du bist in deinem unverstandnen Loop
Ein paar Kinder geigen nebenan ein zerbrochenes „Für Elise“
Jeder gäb was für ihren naiven Mut
Der schöne Lack ist ab
Zerfallen zu Sternenkörnchen
Aufgesaugt in einem Glitzertuch
Ich lass dich stehn, quetsch mich durch die grau-braun-blaue Masse
Such den Lichterzauber ohne Hast
Lass mich fangen von Herrnhuter Sternen aus Plastik
Und dem energieeffizienten Lichterkettenmarkt
Eine kleine Lichtung in der Menge und ein alter Mann
Dunkel, grau, vom Leben berührtes Gesicht
Sein Sopraninosax zieht nur manche in den Bann
Bläst sanft, bläst leise melancholische Musik
Die Fäden hängen schlaff herab, das Tuch markiert seinen Platz
Sanft legt er das Instrumentchen weg
Greift das Holzkreuz, sortiert seine Finger und flüstert einen Satz
Die Puppe steht auf und tanzt auf einem Fleck
Mit Anzugjacke, blauen Jeans und hellem, lockerem Seidenhemd
und Funkelglitzersocken in den Schuhn
Mit aufgerissnen Augen, großer Nase und zausigem Haar
Tanzt die Miniatur des großen Serge Gainsbourg
Ganz ohne Stock und Zylinder ihre Miniatur-Revue
Die Puppe ganz aus dem Sternenstaub, der von jedem Karussell,
jedem Tannenbaum, jeder einzelnen Bude fällt und sich hier sammelt,
wo all die stehen, die klein, zart, neugierig und dünnhäutig sind
Denen dieser Trubel und die aufgesetzte Freude
ein unwirklicher Graus sind
Der schöne Lack ist ab
Zerfallen zu Sternenkörnchen
Aufgesaugt in einem Glitzertuch
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2. |
Ohrwurm und Taube
02:07
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3. |
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Sie steht allein in belebten Straßen in ner lauen Sommernacht
Lauscht ner Akustikband von irgendwo ganz weit her
Sieht Gelächter in Kneipen durch beklebtes Fensterglas
Atmet die Nachtluft, trinkt ihre Limonade leer
Sie sehnt sich nach mehr
Ist Leben wirklich so leer?
Vielleicht kommt hinterm Horizont nochn Berg
Ist da nicht noch mehr?
Wieder zu Haus aufm Sofa; im Streaming läuft nur alter Kram
Sie schaltet das Radio ein: voller Katastrophen-News
Setzt sich dann doch nochmal hin, lässt den Laptop hochfahrn
Notiert ihre Punkte fürs nächste Job-Interview
Vielleicht Freunde treffen im Nirgendwo
Vielleicht mal Aufforsten im Wald
Vielleicht n selbstgebautes Hippiehaus
Vielleicht Geschichtenerzählen am Gleis
Oder helfen, wo Menschen ankommen wollen
Oder aufbauen, was der Krieg zerstört
Oder diskutieren, wo was nicht stimmt
Oder Kranke therapieren
Sie packt die Fahrradtaschen, mit dem was sie wirklich braucht
Überlässt den Schrebergarten der, die so gerne darin bleibt
Trinkt n Tee mit dem Freund, der immer noch zu viel raucht
Sagt „Ich will mal sehn, wohin das Reisen mich treibt“
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4. |
Weites Land
04:04
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Im weiten Land
Blick ohne Ende
Ist Zeit gleich
Ob ich mich dreh oder wende
Ob ich ein Steinchen seh
Mit Zweigen mich wiege
Am Wiesenmeer
Singe und fliege mit kleinstem Getier
Ob zwischen Gräsern verweil
Mit Wolken abhebe
ihre Farben aufsaug
Mit jedem Flügelschlag bebe
Ob ich durchs Kühle gleit
Im Spiegel versinke
Seinen Linien folg
Mit dem Lufthauch verschwimme
Es bleibt, bleibt in mir
Ein Stück von mir bleibt hier
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5. |
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Knotenpunkt/Nachzügler
Kreuzung/Anschluss verpasst
Siehst du die Welle/Hast du noch Feuer
Spürst du noch was/mannshoch unsichtbar
Wo fliegt ihr hin
Nehmt mich mit - S.O.S.
Lieferdienst ist Luxus pur
Sie geben uns nur Mindestlohn als Maximum
Sie, die nur unser Bestes wollen
Während ich nie genüge
Ich schlüpf aus dem Kokon
Fang ganz von vorne an
Was soll passieren
Solang ich noch atmen kann
Ich flieg davon
Mannshoch unsichtbar - So oder so
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6. |
Arabesque I & II
09:03
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Mai 2014: Ich fahre nach Granada, einen Ort, den ich ein halbes Leben zuvor schon einmal besucht habe. Ich schlendere über Plätze, atme das mediterrane Leben,
und zwischen Wasserspielen, Zypressen und dem Ausblick über die Stadt
treibt mir die Schönheit der Alhambra Tränen in die Augen.
Vorbei an weißgetünchten Orten, durch Olivenhaine auf roter Erde, geht es nach Córdoba. Dort saugt mich das Gewirr von Gassen auf, bis mir die Magie einer gigantischen Säulenhalle die Stabilität aus den Knien nimmt. Vor fünf Jahrhunderten wurde eine Kathedrale mitten in die drittgrößte Moschee Europas gesetzt.
Andalusien versetzt mich zurück nach Marokko: In das Basargewirr Marrakeschs
mit den lilagetauchten Armen der Färber, Blutspritzern gerade geköpfter Hühner
und einem Messingtablett voller Zähne mitten auf dem Marktplatz.
An den Rand der tunesischen Sahara mit dieser tiefen Stille und Berbern, die ihre
traditionellen Teppiche an Touristengruppen verkaufen; nach Ephesos in der Türkei,
wo nur noch Sandsteine von der wechselvollen Geschichte ihrer Stadt erzählen.
Es zieht mich immer wieder zu den Palastgärten und Sandsteinburgen,
zu den Tempeln, Weltwundern, Basaren und Museen im Mittelmeerraum,
die mich so an die Sommerurlaube meiner Kindheit erinnern.
Dort war auch dieser Gesang, der die Städte einhüllte, wie bei uns die Kirchenglocken.
Ich fand ihn schön, magisch, friedlich – denn die Hektik verflog,
wenn es vom Turm aus sang.
Wir begegneten Menschen – so unglaublich verschiedenen Menschen:
Gastfreundlichen und Geldmachern; Kunsthandwerkern und Touristenramschverkäufern, Gläubigen, Halbgläubigen, Ungläubigen, Verzweifelten, Zufriedenen,
Ehrlichen, Unehrlichen, Großherzigen und Engstirnigen.
Ich denke oft an die kulturelle Vielfalt, die ich dort erlebt habe, an Mixturen
verschiedenster Traditionen, an jahrhundertealte Völkervermischungen, an den
reichen vielschichtigen mediterranen Kulturkreis, der so fern und doch so nah ist.
Ich denke an Orte wie:
Agadir, Alanya, Almería, Antalya,
Bari, Belek, Bodrum, Córdoba,
El Djem, Ephesos, Essaouira,
Gozo, Granada, Heraklion,
Il-Birgu, Iz-Xewkija, Kairouan, Kos,
Lecce, Málaga, Marmaris, Marrakesch, Myra,
Otranto, Pamukkale, Pergamon, Rhodos,
Side, Sidi Bouzid, Sousse, Troja, Tunis, Valletta
Spätsommer 2015
Ich stehe vor einem Denkmal für ein gesunkenes Flüchtlingsboot in Otranto.
Sonst ist hier in Süditalien nichts zu spüren von denen, die seit Jahrzehnten nachts heimlich anlegen – auf der Suche nach einem sicheren Leben. Es heißt, sie werden direkt nach ihrer Ankunft aus Albanien in Lagern abgeschottet. Mehr erzählt man mir nicht.
Hochsommer 2018
Ein gigantisches Kreuzfahrtschiff verdeckt die halbe Altstadt Vallettas. Daneben, winzig, im abgeschlossenen Bereich des Hafens, liegt die Mission Lifeline, Seenotrettung aus Dresden. Ein paar Crewmitglieder winken mir freundlich zu. Etwas klickt in meinem Kopf. Als ich um die Ecke biege und ein kleiner Junge mit einem brüllenden Spielzeuggewehr durch die Straße springt, wird mir übel. Sonst lässt auch auf Malta nichts erahnen, dass direkt vor der Küste Menschen ertrinken.
Herbst 2020
Zuhause in Leipzig sehe ich einen Bericht über den Brand im griechischen
Flüchtlingslager Moria. Bilder von elenden Zuständen, von obdachlosen Familien
im Schlamm, von Hilflosen, auf die mit Tränengas geschossen wird. Ein junger Mann erzählt von seiner Flucht aus Syrien. Ein Handyvideo zeigt ein überfülltes Flüchtlingsboot,
das von der Küstenwache ohne Motor zurück aufs offene Meer gestoßen wird.
Ich weine. Und spende. Und weine. Und spende.
An Ärzte, an Seenotrettung, an Hilfsprojekte.
Und weiß nicht, womit ich sinnvoll helfen kann.
Vielleicht damit, es immer wieder zu benennen?
Oder hat am Ende doch der recht, der sagt,
Lieder könnten nichts bewirken?
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7. |
Regentropfen
02:42
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8. |
Perlentanz
03:46
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Perlen baumeln vorm Gesicht
Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich, um sichtbar zu sein
Will sie greifen, erreich sie nicht
Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich um, spürbar zu sein
Sie tanzen und glänzen und streuen das Licht
Doch ich seh nur Dunkel und Schatten statt Funkel
Sie betäuben und blenden als irres Gedicht
Mit Fetzen von Sätzen und Stimmen in Netzen
Ich schließ die Augen und schaue ins Nichts
Murmeln und Kugeln und Perlen trubeln wildwirr umher
Lausche dem Atem und frage die Sicht
Zu viel, zu nah, zu gut, zu schön, zu reich, um sichtbar zu sein?
Ich lauf durchs Labyrinth und sammel das Licht
Je mehr ich such, desto mehr Dickicht
Zerr an den Dornen, bis ein Rinnsal mir schreibt
Verweile und lausche den Klängen der Zeit
Lass sie einfach rollen nach ihrem Gewicht
Gerad und krumm und rund und bunt in Muster der Wirklichkeit
Mit ruhigem Blick seh ich auch dich
So viel, so nah, so gut, so schön, so reich, wenns sichtbar kann sein
So viel, so nah, so gut, so schön, so reich, wenns sichtbar kann sein
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9. |
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Die Nacht streckt ihre Hände aus
Deckt alles ringsum zu.
Ich bin allein in meinem Haus
Und finde keine Ruh'.
Die Sehnsucht hält mich wach,
So gern hätt' ich dich hier.
Ich zähle schon die Stunden, ach
Bin ich nicht bald bei dir.
Vielleicht denkst auch du an mich
An Stunden voller Glück.
Das ich endlich zu dir komm'
Zu dir zurück.
Langsam geht die Nacht vorbei,
Ein neuer Tag beginnt.
Ein Tag mit viel Sonnenschein
Der mich dir wiederbringt.
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10. |
Letztes Kapitel
01:14
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Gestern fings ganz leise an zu summen, während ich so las
Und trug mich heut durchn wehmütig-beseelten Tag
Tauch nochmal ein – andre Welt; Menschen und Orte: Adieu
Schwimm noch einmal durchs Zwischendurch-Parallelzuhause
Wohin ich auch geh, wo ich steh, wen ich seh
Treibe in Gedanken durch seitenweise Lautmelodien
Letztes Kapitel: Tauch wieder auf,
Zeit zu gehen – adieu. Adieu.
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maria schüritz Leipzig, Germany
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